Unter dem Hashtag #Geschichtsstunde möchte ich hier ein paar längere Texte veröffentlichen. Dies hat den Grund, dass wir ein fundiertes Geschichtsbewusstsein benötigen um realpolitische Entscheidungen zu treffen. Wenn wir wissen, was in der Vergangenheit schief gelaufen ist, können wir daraus lernen. Geschichte ist Politik und nur wer beides versteht, kann für sich selbst die besten Entscheidugen treffen.
In der heutigen #Geschichtsstunde nehmen wir uns dem Gedenkjahr 2018 an und beleuchten den Ersten Weltkrieg etwas genauer. Vor 100 Jahren endete der Erste Weltkrieg, doch der Krieg hatte massive Auswirkungen für die Bevölkerung. Als Inspiration für diesen Text zählte eine meiner ersten Arbeiten auf der Universität. Ich habe den Text überarbeitet und passend für den Internetgebrauch gestalltet. Trotzdem möchte ich nicht garantieren, dass keine Zitationsfehler vorhanden sind. Falls jemand welche entdeckt, entschuldige ich mich dafür und bitte mir die Fehler bekannt zu geben, damit sie ausgebessert werden können. Für all jene, die noch keine Erfahrungen mit „wissenschaftlichen Arbeiten“ haben, kann hier einen kleinen Einblick erhaschen:
1. Geschlechterrollen vor Beginn des Ersten Weltkrieges
Der Begriff Geschlechterrolle definiert grundsätzlich kulturelle geprägte Rollen, die Menschen aufgrund ihres zugewiesenen Geschlechts in der Gesellschaft einnehmen. Es ist wichtig hier zu differenzieren, dass der Begriff Geschlechterrollen sich hauptsächlich auf den Fachbegriff gender bezieht. Gender wird von der Fachliteratur als „kulturelles Geschlecht“ beschrieben, während der Fachbegriff sex das gegenteilige beschreibt, das „biologische Geschlecht“. Es wird also explizit ein Unterschied zwischen Biologie und Sozialisation gezogen.
Dementsprechend gab es über die Jahrtausende schon verschiedenste Geschlechterrollen in den unterschiedlichsten Kulturen. Ein Beispiel für vom Stereotyp abweichende Geschlechterrollen bieten die nordischen Kulturen, die gemeinhin als Wikingerzeit verstanden werden. Wie vor kurzem durch DNA Analysen bewiesen werden konnte, galt eine der größten Kriegergrabstätten nicht einem „Wikinger“, sondern einer „Wikingerin“. (National Geographic). Generell berichten antike Quellen (Tacitus Germania) von einer hohen Stellung der Frau im germanischen Raum.
1.1. Geschlechterrollen im Ersten Weltkrieg
Die Geschlechterrollen im Ersten Weltkrieg waren einerseits recht stereotyp, und anderersteits konnten die Frauen im Laufe des 19. Jahrhunderts zunehmend Selbstbewusstsein gewinnen. Die Geschlechterrolle der Frau setzte sich daher aus verschiedenen Aspekten zusammen. Einerseits wurde die Frau zumeist als passiv angesehen. Sie war dem Mann, der das Familienoberhaupt war, unterlegen.
„Die Unterwerfung der verheirateten Frau und der im Elternhaus lebenden Tochter wurde, so erinnert uns die feministische Geschichteschreibung, durch eine Ideologie gerechtfertigt, die Ideologie von den unterschiedlichen Charakteren der Geschlechter.“ (Schildt 1993: 110)
Ebenfalls waren die Aufgaben und die Erwartungen genauestens verteilt: der Mann war für die körperliche Arbeit, sowie für die Ernährung der Familie zuständig. Der Mann ging täglich seiner Arbeit nach, während die Frau Arbeiten wie Kinderbetreuung, Pflegetätigkeiten und Haushaltsführung zugeschrieben wurden. Diese klassische Rollenverteilung bedeutet nicht, dass Frauen keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen sind. Im Gegenteil, in den meisten Familien war ein Zuverdienst der Frau und/oder der Töchter unentbehrlich. Dies wird etwas später noch genauer besprochen.
Die Geschlechterrollen des Anfänglichen 20. Jahrhunderts nahmen an, dass Frauen und Männer unterschiedlich sind, nicht nur körperlich sondern auch geistig. Die Frau wurde als geistig unterlegen angesehen, daraus lässt sich schließen, dass auch politisch kein Mitspracherecht für Frauen bestand.
Diese Geschlechterrollen zeichneten sich schon in der Kindererziehung ab. Mädchen wurden dazu erzogen einmal eine gute Mutter und Gattin zu sein, während Buben darauf vorbereitet wurden einen Beruf nachzugehen und einmal die Familie nach außen hin zu repräsentieren. Demnach gibt einem die Gesellschaft, in der man lebt, vor wie man sich zu verhalten hat. (Monsburger 2011: 7)
2. Ausbruch des Ersten Weltkrieges
Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges gingen einige strukturelle Änderungen mit ein. Diese Änderungen betrafen nicht nur die wirtschaftliche Lage der Kriegsstaaten, sondern auch die Geschlechterrollen mussten neu verteilt werden, da der Mann und somit der Ernährer der Familie nun in den Krieg ziehen musste. Ich werde die Veränderungen nur kurz charakterisieren. Wer eine genauere Abhandlung der komplexen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Veränderungen lesen möchte, kann das bei Verena Rauch tun.
2.1. Wirtschaftliche Entwicklungen
Die wirtschaftliche Lage der Kriegsstaaten war nicht ausgerichtet für einen Krieg, somit schlitterte die Wirtschaft im Sommer 1914 in ein Chaos. Hans Loewenfeld-Russ, der Staatssekretär für Volksernährung, schreib am 16. August 1914 an seine Frau:
„Es mangelt an Kohle, an Rohstoffen, an Waggons, an Arbeitern, an Zahlungsmittel – und das nach ein paar Wochen nach Ausbruch des Krieges!“ (Monsburger 2011: 7)
Das Problem war, dass man in weiten Teilen des Landes nicht auf einen Weltkrieg vorbereitet war. Deshalb griff man auf das Kriegsdienstleistungsgesetz vom 26. Dezember 1912 zurück, welches
„tendenziell die gesamte Bevölkerung und die ganze Wirtschaft in den Kriegsdienst stellte.“ (Hanisch 1994: 200)
Durch den Verweis auf dieses Gesetz versuchte die Obrigkeit die wirtschaftliche Lage, beziehungsweise die stetige Verschlechterung der Lebenssituation zu rechtfertigen.
Ein Hauptgrund dafür, dass die wirtschaftliche Lage so schlecht war, kann man darauf zurückführen, dass die Ressourcen sowie Dienstleistungen (z. B. die Eisenbahn) nun für den Krieg gebraucht wurden. Das Militär brauchte Züge zum Truppentransport, Telefon- und Postnetz waren für Zivilpersonen nur mehr eingeschränkt nutzbar und auch die Einführung von Bankguthabensperren und der hohe Leitzinssatz führten zu einer stetigen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. (Dittrich 1994: 1)
2.2. Verschlechterung der Lebenssituation und gesetzliche Familienunterstützung
Der Zusammenbruch der Wirtschaft hatte zufolge, dass Betriebe schließen mussten und dadurch die Arbeitslosigkeit anstieg. Durch die Massenarbeitslosigkeit konnten, die noch bestehenden Betreibe, hohen Druck auf die Arbeiter ausüben: Lohnkürzungen und schlecht bezahlte Überstunden standen an der Tagesordnung.
Dem Staat blieb nichts anderes übrig als in die Lage einzugreifen, da ansonsten eine völlige Verarmung der Bevölkerung bevorstand. Verschiedene Maßnahmen wurden vom Staat eingeleitet, wie zum Beispiel die Gewährung von Kriegsunterstützung, Stabilisierung des Arbeitsmarktes und Essensausgaben.
In Österreich gab es noch eine Familienunterstützung, für jene Familien, in denen der Mann an der Front war. Es war eine Art Unterhaltszahlung des Staates an die Frauen. Die Höhe der Familienunterstützung war jedoch davon abhängig in welchem Bundesland man lebte und wie alt die Kinder waren. Je länger der Krieg jedoch dauerte, desto schwieriger wurde es für Frauen allein durch die staatliche Unterstützung zu überleben. Durch die Teuerungsrate von Lebensmitteln und Bedarfsgütern wurde es nahezu unmöglich nur durch die Familienunterstützung, sich und seine Kinder zu ernähren. (Augeneder 1987: 24-25)
Viele der nichterwerbstätigen Frauen wurden dadurch gezwungen, nun einen Beruf nachzugehen, um das Überleben ihrer Familie zu sichern.
3. Frauen in der Erwerbstätigkeit
Es ist nicht so, dass Frauen erst durch den Ersten Weltkrieg zu arbeiten begonnen haben, doch es lässt sich nachweisen, dass der Bereich der Erwerbstätigkeit sich verschoben hat. Der Anteil der erwerbstätigen Frauen während des Ersten Weltkriegs stieg lediglich um 17%, laut einer Studie von Ute Daniel bezüglich der Mitgliederstatistiken von Krankenkassen. (Daniel 1994: 133)
Wie bereits erwähnt, lässt sich jedoch eine Umstrukturierung in den Berufssparten wiederfinden. Vor Beginn des Ersten Weltkrieges waren sehr viele Frauen in geschlechtstypischen Gewerben wie Nahrungs- oder Textilindustrie angesiedelt. Auf Grund des Fehlens der Männer in den traditionellen Männerberufen und der stetigen Nachfrage in diesen, wechselten viele Frauen in den
„Schwerindustriellen Erwerbszweig mit besonderer kriegswirtschaftlicher Bedeutung.“ (Kruse 2009: 106)
Diese Umstrukturierung ist hauptsächlich darauf zurück zu führen, dass gerade in der Kriegsindustrie die Nachfrage an Arbeiter und Arbeiterinnen stetig stieg. Andere Sektoren, wie beispielsweise die Reinigungsindustrie, waren durch den Krieg am stagnierenden Ast und brauchten dadurch immer weniger Arbeitskräfte.
3.1. Die Mobilisierung der Frau
Da gerade die Kriegsindustrie schwere körperliche Arbeit erforderte, bevorzugten viele Frauen die Heimarbeit. Ebenfalls war es anfangs für Frauen nicht rentabel in dieses Gewerbe einzusteigen. Die Löhne für Frauen waren weit niedriger als jene für Männer. Teilweise lag der Unterschied bei 40% (Der Standard). Daher blieb den Frauen, abzüglich der Fahrtkosten und Abnutzung von Kleidern und Schuhen, meist nicht mehr viel von den geringen Löhnen übrig. Als es jedoch immer schwieriger wurde Heimarbeit zu verrichten und es durch die stets steigenden Preise für Lebensmittel nicht mehr möglich war, nur durch staatliche Unterstützung zu leben, bleib den Frauen oftmals nichts anderes übrig als in die Kriegsindustrie zu gehen. (Daniel 1993: 132-134)
Um diese Arbeit für Frauen attraktiver zu machen, wurden zahlreiche sozialpolitische Maßnahmen ins Leben gerufen. Eine dieser Maßnahmen war es, den Frauen in der Fabrik Kinderbetreuung zur Verfügung zu stellen, da ansonsten viele Frauen diesen Beruf nicht ausüben konnten, da sie ihre Pflichten als Mutter und Erzieherin nicht vernachlässigen durften.
3.1.1. Heimatfront – Kriegsindustrie
Da, wie bereits erwähnt, die Männer an der Front kämpften, wurden die Frauen und auch die Kinder an der Heimatfront mobilisiert. Die Kriegsindustrie musste in der Heimatfront weitergeführt werden, ansonsten drohte die Niederlage im Krieg.
„Denn wie die Männer mit eiserner Kraft die Grenzen unseres Vaterlandes verteidigen, sind wir Frauen berufen, im Inneren des Landes die wirtschaftliche Verteidigung zu führen.“ (Hämmerle 1992: 90)
Der Krieg war also nicht nur Sacher der Männer, auch die Frauen waren dazu berufen mitzuhelfen und ihnen wurde auch eine immense Wichtigkeit zugeschrieben. Dieser Fakt änderte nicht nur die Einstellung vieler Frauen, sondern auch die Sichtweise vieler männlicher Mitbürger wurde dadurch geprägt.
Doch nicht nur die Frauen hatten die Verantwortung an der Heimatfront zu tragen, auch Schüler und Schülerinnen mussten mithelfen, um die Kriegswirtschaft am Laufen zu halten.
„Dann kam der erste Weltkrieg, da mussten wir dann in den höheren Klassen für die Soldaten in Russland warme Socken, Kniewärmer und größere Schneehauben, die weiter in den Nacken reichten, damit sie gut wärmten, stricken. Und alte Leinwandstücke mussten wir von zu Hause mitnehmen und zerzupfen, das gehörte für die Verwundung.“ (Hämmerle 1992: 97)
von Maria Beischlager, 1901 in NÖ geboren
Schulpflichtige Jungen hingegen wurden vor allem für Botendienste und Schreibarbeiten eingeteilt.
Um es auf den Punkt zu bringen, waren Frauen und Kinder genauso wichtig für den Kriegsverlauf wie die Männer die an der Front kämpften. Die Heimatfront musste genauso weiterlaufen bzw. aufrechterhalten bleiben, was nun zur Aufgabe der Frau gemacht wurde.
3.1.2. Kriegsfront – Krankenschwester als Traumberuf
Das traditionell am meisten eingeprägte Bild der Frau im Krieg ist wohl jenes der Krankenschwester. Viele Frauen wollten aufgrund der Sehnsucht zu ihren Männern selbst an die Kriegsfront. Doch nicht nur die Sehnsucht trieb die Frauen an die Front, es war auch der Wunsch etwas zu bewirken.
Im Vergleich zu der durchaus wichtigen Arbeit an der Heimatfront, war die Rolle der Frau als Pflegerin bzw. Krankenschwester weitaus höher angesehen. Gerade im angesehenen Beruf der Kriegskrankenschwester kann im Verlauf des Krieges eine zunehmende Klassendifferenz wahrgenommen werden. Der Kriegskrankenschwersterndienst war oftmals freiwillig. Dieser Dienst konnte dementsprechend oft nur von Frauen aus der Oberschicht ausgeführt werden. Frauen der Arbeiterschicht waren auf die niedrigen Löhne der Kriegsindustrie angewiesen und konnten sich daher keinen freiwilligen Dienst leisten. (Nachzulesen hier)
Das Ansehen der Pflegetätigkeit an der Front, aber vor allem der Wunsch etwas zu tun, waren die Gründe, dass viele Frauen bereit waren sich einer schnellen Umschulung zur Krankenschwester zu unterziehen und an die Kriegsfront zu gehen.
„[…] Mein Wunsch, als Rote-Kreuz-Schwester in die Gefangenlager geschickt zu werden, konnte nicht erfüllt werden, es gehen lauter Fürstinnen, Gräfinnen ect. hin, als ob eine Frau, die leidet wie ich, nicht der Sache den größten Anteil, das herzlichste Verständnis entgegenbringen würde. […] Ich zermartere mein armes Hirn einen Weg zu finden, der nicht über meine Pflicht den Kindern gegenüber zu meinen Manne führt, aber immer und immer wieder heißt alles Nachdenkens, alles Strebens letzter Schluss: Warten, warten! […]“(Tilsner 2008: 244)
Tagebucheintrag vom 9.7.1916
Dieses Zitat aus einem Tagebuch einer verheirateten Frau namens Ella Hoffmann bringt einige der erwähnten Aspekte auf den Punkt. Es bestand ein Verlangen vieler Frauen als Schwester zu arbeiten, jedoch lässt sich auch die vorherrschende Kluft zwischen arm und reich sehr gut erkennen. Ebenfalls beschrieb sie die Pflicht ihren Kindern gegenüber, welche sie davon abhält ihren Wünschen und Bedürfnissen nachzugehen. Somit erfüllet Ella Hoffmann einige der weiblichen Geschlechterrollen, welche Mädchen zum damaligen Zeitraum anerzogen wurden.
3.2. Gesetzliche Änderungen und Anerkennung und Verkennung der Frau als Arbeitskraft
Um mehr Frauen für die Kriegsindustrie an der Heimatfront zu mobilisieren, wurde den Frauen immer mehr Anerkennung gegeben. So wurden die Arbeiterinnen zum Beispiel von der Heeresverwaltung im Jahr 1915 als „brave Soldaten des Hinterlandes“ bezeichnet. (Dittrich 1994: 15)
Andererseits wurde jedoch vom Referat für Frauenarbeit auch die Überwachung der weiblichen Arbeitsplätze gefordert (Dittrich 1994: 15). Man kann also sagen, dass die Frau als Ersatz zum Mann sehr wohl gebraucht wurde, doch es wurde nur als vorrübergehend gesehen und eine langzeitige Verbesserung der Bedingungen für die Erwerbstätigkeit der Frau und die damit einhergehende Unabhängigkeit des Mannes, war nicht erwünscht und sollte verhindert werden.
Gesetzlich wurde auch veranlasst, dass die Betriebe den Frauen die Arbeit erleichtern und ermöglichen sollen:
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Beizeiten eine Umstellung der Arbeitskräfte in den Betrieben zu bewirken;
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Die Anlernung von Frauen zu Facharbeitern mit allen Mitteln zu fördern:
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Die Einführung von Halbtagsschichten für schwächere oder durch häusliche Pflichten gebundene Arbeiterinnen durchsetzen;
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Auch die Gewinnung minderleistungsfähiger Bureauarbeiterinnen zu fördern;
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Eine für Arbeiterinnen günstige Regelung der Arbeitszeiten und Schichteinteilung herbeizuführen;
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Die Arbeitsunstetigkeit bei der weiblichen Arbeiterschaft mit allen Mitteln zu bekämpfen;
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Die Unternehmer in ständiger Aufklärung über die Notwendigkeit einer vermehrten Einstellung weiblicher Arbeitskräfte zu gewinnen und endlich
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Den Arbeiterinnen abgemessene und verbesserte Lohnbedingungen zu sichern (Lorenz 1928: 323)
4. Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Emanzipation bzw. eine Aufwertung der Frau durchaus zu sehen ist. Die Frage die sich jedoch stellt ist, ob dies nur eine Aufwertung auf Zeit war. Nach dem Krieg entledigten sich jedoch viele Betriebe wieder ihrer Arbeiterinnen und eine erneute Vorherrschaft der Männer in vielen Wirtschaftssektoren war zu erkennen.
Eines lässt sich aber eindeutig nachvollziehen: Die Frauen selbst haben durch den Ersten Weltkrieg viel dazugelernt und neues Selbstbewusstsein getankt. Man könnte sagen, dass sich das Bild der Frau vielleicht nicht verändert hat, was den Blickwinkel der Männer anbelangt, aber sich das Selbstbild der Frau verändert hat.
Auch das Frauenwahlrecht wurde nach dem Ersten Weltkrieg eingeführt:
„Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und der Ausrufung der Republik wurde in Österreich das allgemeine und gleiche Frauenwahlrecht eingeführt. Ab 1918 hatten somit auch die Frauen in Österreich das aktive und passive Wahlrecht, nachdem das allgemeine und gleiche Männerwahlrecht bereits 1907 eingeführt worden war. In historischer Perspektive ist die Einführung des Frauenwahlrechts nicht nur als direkte Folge des Weltkrieges und der spezifischen politischen und gesellschaftlichen Situation nach dem Zusammenbruch der k.-u.-k.-Monarchie zu sehen. Sie ist v.a. als das Resultat eines lang andauernden und harten Kampfes der Frauen um Partizipations-möglichkeiten zu werten, bei dem Männerinteressen immer wieder den Interessen von Frauen übergeordnet wurden.“ (Demokratiezentrum)
Die Lektion, die viele Frauen durch den Ersten Weltkrieg gelernt haben, ist meiner Meinung nach, dass sie viel erreichen können und nicht, wie damals gesellschaftlich verankert, unter dem Mann sind. Ihnen wurde bewusst, dass sie dieselbe Arbeit wie Männer leisten können, weil sie es buchstäblich getan haben. Für unsere heutige Politik zeigt uns der Erste Weltkrieg sehr deutlich: die Erwerbstätigkeit von Frauen wird durch realpolitische Maßnahmen wie Kindenbetreuungangebot gestärkt. Der gegenteilige Effekt wird durch eine Streichung der Kinderbetreuung erwirkt. Die Chancen von Frauen am Arbeitsmarkt werden dadruch verringert.
5. Literaturverzeichnis
- Schildt, Gerhard: Frauenarbeit im 19. Jahrhundert. Bd 27. Pfaffenwiler: Cenraurus-Verl.-Ges. 1993
- Mosburger, Claudia: Frauen im Krieg. Der Erste Weltkrieg als ‚Vater der Emanzipation‘?. Studienarbeit. Universität Wien 2011
- Hanisch, Ernst: Österreichische Geschichte 1890-1990. Der lange Schatten des Staates. Österreichische Gesellschaftsgeschichte im 20. Jahrhundert. Wien: Ueberreuter 1994
- Dittrich, Alexia: Mutter, Familienerhalterin und politisch Engagierte?. Die Situation der Frau im Ersten Weltkrieg. Diplomarbeit. Universität Wien 1994
- Augeneder, Sigrid: Arbeiterinnen im Ersten Weltkrieg. Lebens- und Arbeitsbedingungen proletarischer Frauen in Österreich. Diplomarbeit. Universität Wien. 1987
- Daniel, Ute: Der Krieg der Frauen 1914-1918. Zur Innenansicht des Ersten Weltkrieges in Deutschland, in: Gerhard Hirschfeld u.a. (Hg.): „Keiner fühlt sich hier mehr als Mensch…“ Erlebnis und Wirkung des Ersten Weltkrieges. Essen 1993
- Kruse, Wolfgang: Der Erste Weltkrieg. Darmstadt: WBG 2009
- Hämmerle, Christa: „Wir strickten und nähten Wäsche für Soldaten…“. Von der Militarisierung der Handarbeitens im Ersten Weltkrieg. In: L’Homme 3 (1992)
- Tilsner, Stefan: Parallele Erlebnisse eines k.u.k. Offiziers an der Ostfront und in russischer Kriegsgefangenschaft sowie seiner Frau in der Heimat im Ersten Weltkrieg. Diplomarbeit. Universität Wien 2008
- Lorenz, Charlotte: Die Gewerbliche Frauenarbeit während des Krieges. In: Der Krieg und die Arbeitsverhältnisse. Stuttgart (u.a.): Deutsche Verlagsanstalt 1928 (Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Weltkrieges: Deutsche Serie)
- https://derstandard.at/1363707214851/WoMen-at-War-Ausstellung-Frauen-Erster-Weltkrieg
- Diplomarbeit: Verena Rauch
- http://ww1.habsburger.net/de/kapitel/wunden-schlagen-wunden-heilen-ist-die-losung-unserer-zeit
- http://www.demokratiezentrum.org/themen/demokratieentwicklung/frauenwahlrecht.html
- https://de.wikipedia.org/wiki/Germania_(Tacitus)
- https://www.nationalgeographic.de/geschichte-und-kultur/2017/09/dna-test-beruehmter-wikingerkrieger-war-eine-frau
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